Theater

Wie Glück geht – ein choreografiertes Abendseminar

Da ist ein ganzer Haufen Menschen und alle haben ein Problem. Und alle haben es schon mit allem versucht: das Problem aus dem Weg schaffen, das Problem wegmeditieren, das Problem vertanzen, das Problem runterschlucken, das Problem zerreden. 

Und da sind vier, die wissen Bescheid über das Un/Glück, und diese vier machen ein Seminar, das heißt, sie setzen sich miteinander über ihre Glücksauffassung auseinander. Und so wird dem ganzen Haufen Menschen, dem ganzen Haufen unglücklicher SeminarteilnehmerInnen, kurz: dem Publikum vielleicht ganz anders, weil immer dann, wenn es meint, das Richtige zu hören, das Wahre zu erleben, den Schlüssel zu entdecken wieder einer der Vieren dazwischen springt und alles zerredet und kaputtmacht und von hinten aufzäumt oder das Gegenteil beweist. Und immer dann, wenn eigentlich alle wegschauen, wenn Pause ist und wenn keiner was will, weil gerade durchgeschnauft werden muss, von all der Rauferei ums Glück, gerade dann passiert vielleicht etwas, das vielleicht alle für einen Moment glücklich macht und sobald alle versuchen, den Moment in die Länge zu ziehen, weil er ja so glücklich macht, stürzen alle wieder ab in die wunderbare, wohl vertraute Hölle der Glückssuche und blicken in die Ferne und sehen es dort zerrinnen, das Glück und halten eine weitere Unterredung ab, eine Unterredung der Unglücklichen…

 

co>labs nimmt sich mit diesem Projekt der Beobachtung an, dass sich massenweise Menschen auf mehr oder weniger heimliche, tendenziell beschämte Art und Weise hinter Ratgeber-Regalen in Buchhandlungen herumdrücken oder das Internet in einsamer Mission nach LeidensgenossInnen durchforsten, um ihr Unglück in einer glückheimsenden Gesellschaft nicht sichtbar zu machen. Im Bewusstsein der brechreizerregenden Überfülle und ohnmachtserzeugenen Übersättigung an Lebens- und Liebesratgebern setzt co>labs noch einen drauf und verspricht: eine ganzheitliche Begegnung unserer Seelentiefen und Oberflächensorgen mit der seit jeher kathartischen Wirkung körperlich-theatraler Darstellungsprozesse. co>labs will das Unglück (körperlich!) sichtbar machen, sogar verstärken – und damit ad absurdum treiben.

Die Partizipation des Publikums steht in diesem Projekt unter einem besonderen Stern: es geht co>labs nicht darum, Beteiligung zu behaupten und als rein konzeptuellen Modus zu verwerten. Viel mehr will sich co>labs der Herausforderung stellen, eine tatsächliche Begegnung mit dem Publikum zu etablieren – ohne auszustellen, ohne angestrengte Ernsthaftigkeit herzustellen, ohne zu beleidigen. Die ‚Unterredung der Unglücklichen‘ ist ein Abendseminar für vier TänzerInnen, einen bildenden Künstler und ein Publikum, die gemeinsam ihr Unglück bewältigen, indem sie es zum größtmöglichen machen.

CHOREOGRAFIE, REGIE Beate Höhn / BÜHNE Peter Wendl / KOSTÜM André Schreiber / LICHT, TECHN. PRODUKTIONSLEITUNG Sasa Batnozic / DRAMATURGIE Katharina Baur / ASSISTENZ Anna Beinvogl / PRODUKTIONSLEITUNG Katja Kendler

ES TANZEN Viviana Defazio, Johanna Kasperowitsch, Henrik Kaalund, Ruben Reniers

Nach einer Idee von Beate Höhn und Arne Forke.